Der richtige Tierarzt
Leider herrscht noch immer Mangel an guten Tierärzten, die Erfahrung mit Kaninchen haben. Dies führt nicht selten zu Behandlungsfehlern und somit unzureichender Versorgung im Krankheitsfall. Schlimmstenfalls werden falsche Medikamente oder Therapien verordnet, die dann sogar den Tod des Kaninchens zur Folge haben können. Nachfolgend soll ein kurzer Überblick gegeben werden, wie ihr einen guten Tierarzt für euch und eure Wackelnasen findet.
Warum ist Tierarzt nicht gleich Tierarzt?
Ein Tierarzt, der euren Hund oder eure Katze über Jahre zuverlässig und erfolgreich behandelt hat, muss dies nicht zwingend in gleicher Weise mit euren Kaninchen können. Um zu verstehen, warum nicht jeder Tierarzt umfassendes Wissen über Krankheiten, Haltung und richtige Ernährung der Kaninchen mitbringt, muss man wissen, dass während des Grundstudiums der Veterinärmedizin das Thema Kaninchen nur kurz angerissen wird. Fundiertes, tiefergehendes Wissen erlangt der Tierarzt nur, wenn er sich selbstständig in diesem Bereich weiterbildet.
Woran erkenne ich einen guten Tierarzt und wie finde ich ihn?
Trägt der Tierarzt die Zusatzbezeichnung „für Kleinsäuger und/oder Heimtiere“ könnt ihr davon ausgehen, dass er in diesem Bereich Qualifikationen erworben und sich fortgebildet hat. Dies bedeutet nun nicht zwingend, dass Tierärzte ohne diese Zusatzbezeichnung „schlecht“ sind. Wissen kann auch angelesen oder im Laufe der Zeit aufgrund von Erfahrungen erworben werden. Fragt befreundete Kaninchenhalter, mit welchem Tierarzt sie gute Erfahrungen gemacht haben. Sucht im Internet nach Tierärzten in eurer Nähe, welche die oben genannte Zusatzbezeichnung führen. In vielen Kaninchenforen oder auch in Kaninchengruppen in sozialen Netzwerken finden sich Listen mit Tierarzt-Empfehlungen. Ist dort für euren Wohnort keine Empfehlung aufgelistet, fragt gezielt nach.
Ein guter Tierarzt:
- erkundigt sich, wie die Kaninchen bei euch gehalten werden, wie die Fütterung aussieht und welche Krankheitsvorgeschichte (OPs, bereits verabreichte Medikamente usw.) besteht;
- untersucht ausführlich und gewissenhaft, betreibt Diagnostik in Form von Röntgenbildern, Zahnkontrolle, Bluttest, Kotuntersuchung etc.;
- erklärt euch, welche Medikamente er verabreicht, und zwar bevor die Gabe erfolgt oder er die Spritze setzt und welche Wirkung diese haben;
- gibt euch, sofern notwendig, ausreichende Mengen für die Behandlung zu Hause mit, beschriftet entsprechend und notiert die genaue Dosierung sowie den Zeitraum der Medikamentengabe;
- erläutert euch vor jedem großen Eingriff (Zahnkorrektur, Kastration, etc.), was er machen wird, welche Narkose er einsetzt und wie die Nachsorge auszusehen hat;
- geht auf eure Fragen ein, nimmt euch mit euren Sorgen sowie eure Kaninchen ernst.
Unzureichend ist, wenn ihr z.B. die Praxis aufsucht, weil das Kaninchen nicht frisst und man euch ohne jegliche Untersuchung mit der Anweisung „Sie müssen zufüttern!“ wieder nach Hause schickt. Dies kann lebensbedrohlich enden!
Auch das Herausnehmen des Kaninchens aus der Transportbox mittels Nackengriff oder veraltete Empfehlungen wie „Heudiäten bei Durchfall“ können Hinweise auf mangelndes Verständnis und Wissen sein. Auch das „Knipsen“ von Zahnspitzen/der Schneidezähne ist nicht fachgerecht. Diese sollten immer geschliffen werden, idealerweise unter Narkose.
Kommen euch Zweifel an der Behandlung durch den Tierarzt, holt euch eine Zweitmeinung ein. Hört auf euer Bauchgefühl! Wenn ihr euch nicht ernstgenommen fühlt, das Gefühl habt "abgefrühstückt" oder weggeschickt zu werden, dann tut das nicht ab. Wichtig ist, dem Tierarzt vertrauen zu können. Jeder Tierarztbesuch bedeutet Stress für eure Kaninchen, jedoch achtet auch darauf, wie wohl oder unwohl fühlen sich eure Kaninchen mit der Behandlung durch den Tierarzt.
Setzt der Tierarzt gar Medikamente oder Mittel ein, die für Kaninchen ungeeignet sind, sollte sofort der Tierarzt gewechselt werden! Für Kaninchen nicht geeignet oder nicht zugelassen sind:
- Der Einsatz des Mittels „Frontline“ bei Milben, Flöhen etc. Dieses Mittel ist für Kaninchen nicht zugelassen. Darauf weist auch der Hersteller selbst hin. Die Verwendung von Frontline kann beim Kaninchen im schlimmsten Fall zum Tode führen.
- Die Gabe von „Buscopan“ bei Verdauungsbeschwerden. Buscopan kann schlimmstenfalls zur Darmlähmung führen.
- Cortison. Der Einsatz von Cortison erfolgt, wenn nur noch palliativ behandelt werden kann. D.h., das Kaninchen ist unheilbar krank (z.B. inoperable Tumore). Cortison schwächt das Immunsystem des Kaninchens und schädigt die Nieren, bis hin zu Nierenversagen. Ausnahme ist der Einsatz von Cortison bei E.C., wenn das Kaninchen einen extremen Schub hat, also als letzte Lösung, um das Kaninchen zu retten.
- Zahnkontrolle mittels Maulspreitzer im Wachzustand. Durch die Abwehrhaltung des Kaninchens kann es zu Kieferverletzungen kommen. Die Untersuchung sollte mit Hilfe eines Otoskops erfolgen, alternativ mit Hilfe eines Wangenspreitzers.
Die Gründe, sich rechtzeitig auf die Suche nach einem geeigneten Tierarzt zu begeben, sind also vielfältig. Auch Tierärzte können Fehler machen, sie sind Menschen und nicht unfehlbar. Daher ist es für jeden Kaninchenhalter unumgänglich, sich - zusätzlich zum Tierarztbesuch - zu informieren. Außerdem solltet ihr eine Notfallapotheke für eure Kaninchen daheim haben. Im Ernstfall kann dies Leben retten!
Lest hierzu auch:
http://www.glueckliche-kaninchen.org/wiki:hausapotheke