Die Narkose
Vor der Narkose
Das Wichtigste vorweg: Ein Kaninchen darf vor der Narkose nie "nüchtern" sein! Physiologisch gesehen kann es das auch gar nicht, weil der Weitertransport
der Nahrung nur durch erneute Futteraufnahme und Nachschub möglich ist, somit kann gar keine Ausnüchterung erfolgen.
Viel mehr wäre es sogar lebensbedrohlich für das Kaninchen, wenn es lange Zeit keine Nahrung bekommt und das Risiko einer Narkose würde steigen.
Steht bei Ihnen eine Operation aufgrund einer Kastration oder einer Erkrankung an, so empfehlen wir dir, dir im Vorfeld einen kaninchenerfahrenen Tierarzt
zu suchen, der Erfahrungen in der Operation/ Kastration von Kaninchen hat.
Anders als das bei vielen anderen Haustieren bekannt ist, müssen Kaninchen vor einer Narkose ganz normal gefüttert werden, denn sie dürfen nicht auf
leeren Magen gehalten werden! Auch direkt nach dem Aufwachen ist es wichtig, dass das Kaninchen so schnell wie möglich wieder mit dem Fressen beginnt.
Mit jeder Narkose ist ein gewisses Risiko verbunden. Dieses ist unter anderem abhängig von Alter, der körperlichen Fitness, möglicherweise vorliegender
Herzerkrankungen, einer Beeinträchtigung des Kreislaufsystems des Patienten und natürlich von der Art der Narkose.
Welche Narkoseformen gibt es?In der Praxis gibt es in der Regel drei verschiedene Narkoseformen, die bei Kaninchen angewandt werden:
1. die „klassische“ Injektionsnarkose
2. die Inhalationsnarkose
3. die VAA- Narkose
1. die „klassische“ InjektionsnarkoseBei der "klassischen" Injektionsnarkose wird dem Kaninchen das Narkotikum in die Muskulatur oder direkt in die Vene gespritzt. Die Wirkung, die nach
ca. 5-15 Minuten einsetzt hält etwa 30-60 Minuten an.
Der danach beginnende Aufwachvorgang kann Stunden andauern. Auffallend ist in dieser Zeit das oftmals orientierungslose Umhertaumeln des Tieres.
Die Narkose kann nur langsam aus dem Körper schleichen, Atemdepression und Kreislaufzusammenbrüche sind relativ häufige Folgen bei Kaninchen bei
dieser Narkoseart, der Tierarzt hat keine Möglichkeiten wenn das Narkosemittel einmal im Körper ist, entgegenzusteuern, sollte es zu Unverträglichkeiten
oder Narkosezwischenfällen kommen, deswegen ist von dieser Art der Narkose abzuraten.
2. die InhalationsnarkoseBei der Inhalationsnarkose ist in der Regel Isofluran mit reinem Sauerstoff als Träger gebräuchlich. Vor der Inhalationsnarkose muss das Kaninchen sediert
werden. Die Einleitung der Inhalationsnarkose kann entweder mit einer Maske erfolgen oder stressfreier in einer Einleitungskammer, die mit dem Anästhesiegerät
verbunden wird. Bei der Einleitung mit Maske zeigen die Kaninchen dabei häufig starke Abwehrbewegungen. Hinzu kommt eine ausgeprägte Atemdepression mit
einer eventuell 30 - 180 Sekunden dauernden Apnoe. Bei der Maskeneinleitung besitzt der Tierarzt während dieses Zwischenfalls keine Möglichkeit zur Beatmung.
Die reine Mononarkose mit Isofluran ist aus diesen Gründen und wegen der unzulänglichen Analgesie normalerweise nicht anzuraten.
Der Vorteil ist, dass das Narkosegas nahezu keinerlei Belastung für Leber oder Nieren darstellt, sondern einfach über die Lungen wieder ausgeschieden wird,
während intravenöse Narkotika von Leber und Nieren verstoffwechselt werden müssen. Das Kaninchen wacht schnell nach dem Eingriff wieder auf.
3. die VAA- NarkoseDie vollständig antagonisierbare Narkose (VAA) ist auch eine Injektionsnarkose, die aber durch ihre sinnvoll kombinierten Anästhetika und Anästhesiehilfsmittel
besonders empfehlenswert für Kaninchen ist, da die Wechselwirkungen der einzelnen Mittel größtmöglich ausgenutzt werden und das Narkoserisiko für die
Langohren minimiert wird, denn keins der heute bekannten Mittel erfüllt alle vier Kriterien die für eine Narkose notwendig sind: Sedation, Bewusstlosigkeit,
Schmerzfreiheit und eine Muskelerschlaffung.
Erst in der Kombination verschiedener Präperate lässt sich die Einzeldosierung jedes Anästhetikums deutlich reduzieren, ohne das ein Wirkverlust eintritt.
Dadurch ergibt sich eine starke Minimierung der Nebenwirkungen. Für alle Bausteine dieser Narkose existieren zudem spezifische Antagonisten, die eine rasche
Aufhebung der Narkose nach Abschluss der OP oder auch bei Zwischenfällen ermöglichen. Ein langer Nachschlaf ist bei Kaninchen, wie oben bereits geschrieben,
gefährlich und kann hiermit vermieden werden. Die VAA ist die zur Zeit bekannteste verträgliche Narkoseform und ist den anderen Narkoseformen in jedem Fall
vorzuziehen.