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Kaninchen- Wiki - Abszess hinter dem Auge
Seite: Abszess hinter dem Auge

Erfahrungsbericht Abszess hinter dem Auge (von Nicole)



Wie alles anfing...

Alles fing am 13.01.2017 an, als ich merkte, dass Lise plötzlich ihren Kopf schief hielt und sehr ruhig war. Außerdem wirkte ihr linkes Auge „glubschig“. Wir gingen am gleichen Tag noch zum Tierarzt und ließen sie untersuchen. Da bei Kopfschiefhaltung auch andere Erkrankungen in Frage kommen können, wurden zunächst die Ohren untersucht, wo aber alles okay war. Das Auge wirkte auf Frau Dr. normal und ein Blick in das Mäulchen zeigte dann erstmal 2 wackelnde Zähne (jeweils der erste Backenzahn im rechten und linken Oberkiefer). Um auf Nummer sicher zu gehen, wurde ein Röntgenbild vom Kiefer gemacht, worauf Entzündungsprozesse an den wackelnden Zähnen erkannt wurden. Lise bekam Schmerzmittel und Antibiotikum mit und die beiden Zähne sollten am 26.01. gezogen werden.



Am Wochenende ging es Lise leider schlechter und ich vereinbarte direkt für Montag einen Termin in einer kaninchenerfahrenen Tierklinik. Dort fiel dann auf, dass ihre linke Gesichtshälfte angeschwollen war. Auch das Auge gefiel der Ärztin nicht und es wurde eine Ultraschalluntersuchung hinter dem Auge durchgeführt, die jedoch noch ohne Befund war. Direkt am Tag darauf, also Dienstag, konnte Lise operiert werden. Zuvor wurden Röntgenbilder des Kopfes auf 4 Ebenen angefertigt. Auch dort war ganz stark zu erkennen, dass die linke Gesichtshälfte geschwollen war. Alles in allem waren die Röntgenbilder auch nicht sehr schön, es wurden viele Baustellen sichtbar, so z.B. die Zahnwurzeln im linken Unterkiefer, die in den Kiefer wachsen. Insgesamt wurden 3 Backenzähne gezogen. Aufgrund der Schwellung punktierte die Ärztin die Mundschleimhaut und da wurde auch klar, woher die Schwellung kam: Es kam massig Eiter aus der Mundschleimhaut. Augenscheinlich verursacht durch eine Verletzung im Zahnfleisch, die sie sich irgendwie beim Fressen oder beim auf die Wange beißen zugezogen hatte. Es wurde eine Probe des Eiters entnommen und ein Antibiogramm erstellt, damit Lise zügig mit dem richtigen Antibiotikum behandelt werden konnte.






Nach der ersten OP - Das Auge wurde schlimmer

Lise erholte sich schnell von der OP und konnte am Abend bereits wieder nach Hause. Ich habe ihr aus verschiedenen Gemüsesorten Brei angeboten, den sie freiwillig und sehr dankend schlabberte. Nun hieß es täglich zum Tierarzt und die Wunde in der Mundschleimhaut spülen. Dies konnte ich Zuhause nicht machen, da mittels Maulspreizer gearbeitet wurde. Leider ging es Lise zwei Tage nach der OP wieder schlechter und das Auge war komplett zugeschwollen und eiterte stark. Auch das tägliche Spülen konnte nichts gegen die Schwellung anrichten. Es wurde immer schlimmer und so brachte ich Lise in der gleichen Woche am Freitag wieder in die Klinik. Dort wurde dann schon gesagt: „Könnte ein Abszess hinter dem Auge sein“. Da so etwas jedoch meistens durch Zähne verursacht wird, die zu tief in den Oberkiefer wachsen und somit das Auge „durchbohren“, war es doch eher unwahrscheinlich, denn die Zähne im Oberkiefer waren zwar nicht schön, aber auch keine Katastrophe. Ich habe Lise über das Wochenende in der Klinik gelassen, damit dort 2x täglich der Mundschleimhautabszess gespült werden konnte. Durch das 2x tägliche Spülen zeigte sich auch eine deutliche Besserung ihres Zustands und sie fing sogar wieder an zu Fressen. Für Montag hatten wir eine erneute Ultraschalluntersuchung des Auges geplant, denn dieses sah von Tag zu Tag schlimmer aus.






Das Auge muss raus

Am Montag rief mich dann die Ärztin an und erzählte mir, dass das Auge im Ultraschall gar nicht gut aussah. Das Auge wurde quasi von hinten platt gedrückt und war so gut wie kaputt. Es könnte ein Tumor sein oder ein Abszess. Da Tumore am Auge bei Kaninchen sehr selten vorkommen, hatten wir eigentlich schon die Vermutung, dass es nur ein Abszess sein könnte. Nun galt eins: Schnell handeln und Lises stabilen Zustand ausnutzen. Es gab 2 Optionen, die ich mit der Tierärztin besprochen hatte:

1. Man zieht die Backenzähne im linken Oberkiefer und hofft darauf, dass so der Eiter hinter dem Auge abfließt. Das klappt aber meist nicht so gut und im Endeffekt muss das Auge entfernt werden. Außerdem zeigte das Röntgenbild auch keinen Anlass dafür, die Zähne zu ziehen.
2. Man entfernt das Auge. In Anbetracht der Situation die bessere Alternative für Lise, denn das Auge war ohnehin schon kaputt.

Ich entschied mit für Option Nummer zwei. Die Ärztin fragte mich, ob ich Lise vorher nochmal sehen möchte, aber ich wollte, dass sie so schnell wie möglich operiert wird und so wurde sie auch am gleichen Tag direkt operiert. Vorsichtshalber wurde vorher noch ein Röntgenbild gemacht, um nochmal auf der sicheren Seite zu sein, dass die Zähne wirklich nicht Schuld sind.

Während der OP rief die Ärztin mich an und sagte mir, dass die Zähne tatsächlich nicht der Auslöser sind, Lise aber einen großen Abszess hinter dem Auge hatte, der mit dem Eiter in der Mundschleimhaut verbunden war. Wie genau der Abszess dorthin kam, darüber lässt sich nur spekulieren. Wir tippen auf eine Infektion durch einwandernde Bakterien.




Nach der OP

Die OP verlief soweit gut, durch die Entfernung des Abszesses erlitt Lise aber einen großen Blutverlust, denn schließlich musste man den Abszess (und natürlich das Auge) vollständig entfernen, ansonsten kommt er immer wieder. Sie hatte nach der OP starke Untertemperatur und es stand nicht gut um sie. Sie blieb in der Klinik, wurde gewärmt und zugefüttert und bekam Infusionen.

Nachdem am Tag danach die Temperatur wieder normal war, nahmen scheinbar die Nieren Schaden von der Narkose. Lise konnte die Flüssigkeit der Infusionen nicht abbauen und so sammelten sich 400 Gramm Wasser in ihrem Körper an. Sie hatte überall am Körper Wasserpolster. Wieder hieß es zittern, denn die Situation war absolut lebensbedrohlich. Alle Medikamente bekam sie nun über einen Venenkatheter im Ohr oder oral. Zudem bekam sie mehrmals täglich ein Medikament zur Entwässerung. Und siehe da: Am nächsten Tag konnte ich sie besuchen und das Wasser war schon fast komplett weg. Sie hat durch das Entwässerungsmittel ordentlich Urin abgesetzt und konnte somit die Flüssigkeit wieder abbauen. UND: Durch das Entfernen des Auges war keinerlei Eiter mehr an der Mundschleimhaut zu sehen. Leider konnte die Wundhöhle vom „Auge“ nicht gespült werden, da es bei jedem Versuch stark nachblutete. So musste die Wunde leider verschlossen bleiben und konnte erst später geöffnet werden. Übergangsweise bekam Lise auch Metallklammern an die Wunde.






Lise darf wieder nach Hause

Nach insgesamt einer Woche Klinikaufenthalt durfte Lise wieder nach Hause. Leider noch separiert von ihren beiden Kumpels, denn eine Woche Klinikaufenthalt plus angeschlagene Gesundheit sind nicht die besten Voraussetzungen für ein Zusammentreffen nach so langer Zeit. Lise sollte sich erst einmal erholen, die Wunde musste abheilen und die Tierarztbesuche mussten abnehmen.



Anfangs waren wir noch 2x die Woche zur Kontrolle in der Tierklinik. Zeitnah wurden aber endlich die Fäden entfernt und es konnte die Wundhöhle über ein kleines Loch gespült werden. Wie zu erwartet, kam nach so langer Zeit wieder Eiter aus der Wundhöhle raus. Das war aber normal, nachdem so lange nicht gespült werden konnte.



Nach langem Zögern traute ich es mir zu, die Wundhöhle über die kleine Öffnung selber zu spülen. Das ersparte sowohl Lise auch als mir viel Stress, da wir nicht ständig zum Tierarzt mussten. Es ging besser als erwartet und wurde zur Routine. Lise machte die Spülungen zum Glück auch immer super mit und nach wenigen Sekunden waren wir auch schon fertig. Die täglichen Spülungen taten Lise enorm gut. Man merkte, wie sich ihr Allgemeinzustand verbesserte. Tierarztbesuche standen dann nur noch 1x wöchentlich, später auch nur noch alle 10 Tage an. Das Spülen Zuhause zahlte sich aus, denn wir konnten ein Antibiotikum absetzen, ein anderes (Metrobactin) bekam sie aber zur Sicherheit noch weiterhin. Der Eiter konnte durch die täglichen Spülungen fast komplett weggedrängt werden.












Der große Tag: Lise darf wieder zu ihren Kumpels

Kein Kaninchen fühlt sich einsam wohl, erst Recht nicht Lise. Nachdem also die Fäden gezogen waren, alles gut abgeheilt war und die Abstände zwischen den Tierarztbesuchen größer wurden, durfte Lise wieder mit ihren beiden Männern vergesellschaftet werden. Es lief alles komplett reibungslos ab und Lise freute sich sichtlich, dass sie endlich nicht mehr alleine sein muss. Auch wenn sie vorher schon ganz gut fraß - seit der Vergesellschaftung fraß Lise noch besser und zeigte deutlich mehr Lebensfreude. Das fehlende Auge stellte für die Vergesellschaftung überhaupt kein Hindernis darf. Lise benahm sich wie jedes andere Kaninchen auch. Wir haben auch keine besonderen Vorkehrungen getroffen, sondern alles nach Plan durchgeführt. Nach einem Tag hatten sich dann auch alle drei lieb.






Und so geht es Lise jetzt...

Bie Behandlung dauerte fast 7 Wochen - Abszesse sind leider hartnäckig. Aber alles hat ein Ende, in Lises Fall ein wirklich Positives: Nach all den Wochen können wir Lise jetzt als geheilt betrachten. Sie ist wieder ganz die Alte. Sie frisst, sie rennt durch die Wohnung, sie genießt einfach ihr Leben. Aufgrund ihres desolaten Zahnzustandes muss alle 3 Monate der Kiefer geröntgt werden. Sie ist und bleibt eine tickende Zeitbombe aufgrund ihrer Zahnwurzeln, aber derzeit ist sie ein lebensfrohes, kleines Kaninchen.



Text und Bilder: Nicole



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